Journalist im Portrait

Ich glaube an die Berufung des Journalisten, im alltäglichen Informations-Chaos ein wenig für Orientierung, Gewichtung und Wertung zu sorgen!

Christian Krebs ist seit 2011 Chefredakteur des vormaligen „a3BOOM!“ und heutigen „a3 Marketing | Media | AdScience“. Das Fachmedium für die Medien-, Werbe- und Marketingbranche wurde zu Beginn des Jahres einem inhaltlichen und optischen Relaunch unterzogen.

 

1. Journalisten sind in der privilegierten Position, einen abwechslungsreichen Job auszuüben: Was gefällt Ihnen noch an Ihrem Beruf?

Neues ausprobieren zu können, tagsüber mit interessanten Themen und Personen, die man am Morgen noch gar nicht kannte, konfrontiert zu werden und sich mit ihnen auseinandersetzen zu müssen – eine positive Herausforderung.

 

2. Wo viel Licht ist, ist meist auch viel Schatten: Was sind die Schattenseiten des Journalistenberufs?

Der wirtschaftliche Druck auf die Redaktionen, der ständig zunimmt – und zwar sowohl von Seiten der Verleger wie auch der werbetreibenden Wirtschaft –, ist ein großes Problem, das immer größere Auswirkungen auf die Qualität von Recherche und Text hat: Sich dagegen zu wehren kostet Zeit, Kraft und Nerven.

 

3. Was treibt Sie in Ihrem Beruf als Journalist an?

Ich hasse es, wenn ich bei anderen Medien – ob Print, Radio, Online  oder Fernsehen – merke, dass man mich als Rezipient offenbar für dumm hält oder mich verarschen will: Ich glaube an die Berufung des Journalisten, im alltäglichen Informations-Chaos ein wenig für Orientierung, Gewichtung und Wertung zu sorgen. Und ich will den Lesern meines Magazins das Gefühl geben, dass sie ihre Zeit nicht mit mir verschwenden.

 

4. Wenn Sie Presseaussendungen zugeschickt bekommen, welche Themenfelder interessieren Sie da besonders und welche interessieren Sie überhaupt nicht?

Mich interessiert alles, was mit meinem Berichtsgegenstand zu tun  hat – das ist Marketing, Media, Kommunikation. Aber nicht die technischen Aspekte, sondern das, was Markenstrategen, Marketer, Werber und Kommunikationsfachleute – also die Zielgruppe des Magazins – interessieren könnte und sollte. Alles andere (nur bezogen auf zugesandte Pressemeldungen!) interessiert mich nicht.

 

5. Wie werden Sie im Berufsalltag am liebsten mit PR-Aussendungen, Informationen und Einladungen versorgt?

Schont die Bäume, Leute – schickt E-Mails! Und: In die Betreffzeile „Presseaussendung“ zu schreiben ist sowas von überflüssig, man sieht doch, dass da gerade keine Fußpuder-Dose angekommen ist – schreibt rein, was wichtig ist. Weiter:  Fotos über Datentransfer-Seiten zu schicken mag zwar irrsinnig trendy sein – wenn die aber nach ein paar Tagen vom Server weg sind, wenn ich als Monatsmagazin in die Produktion gehe, wird es nervig. Alles an Informationen in einem Paket per E-Mail und die Fotos für den Druck optimiert, meinetwegen gezippt – das macht glücklich und spart allen Zeit.

 

6. An welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit sind Sie in Ihrem Job am ehesten ansprechbar und wann sollte man Sie besser nicht kontaktieren?

Es hat vieles gebraucht, um mich zu einem geregelten Tages- und Wochenablauf zu bringen, den letzten Anstoß gab ein Herzinfarkt: Von montags bis freitags bin ich gern für alle da, und zwar ab 10 Uhr (vorher taugt der Kopf nur zum Huttragen) und solange das Handy an ist – das wird nämlich mit dem Feierabend abgeschaltet.

 

7. Was können Sie in Zusammenhang mit PR-Agenturen gar nicht leiden?

Wenn ich merke, dass sie nicht wissen, mit welchem Medium sie kommunizieren und was mich interessieren könnte, sondern einfach via Maschinengewehr-PR durch die Gegend ballern, weil es ja nichts kostet und man dem Kunden viele „Kontakte“ unter die Nase reiben kann. Und wenn ich mich beim Lesen von Texten fragen muss, wie die Leute auch nur den Grundschul-Abschluss in Deutsch geschafft haben.

 

8. Können Sie sich an einen Fall erinnern, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder PR-Stelle geärgert haben?

Einen? Was haben folgende Pressemitteilungen mit meinem Berichtsgegenstand zu tun: „Rundes Jubiläum einer sanitären Revolution – Geberit feiert 50. Geburtstag des Unterputzspülkastens“ oder „Wissen Sie von der Existenz der Tempelritter?“ oder „Mit Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren fit und gut gelaunt durch den Winter“ oder „Straßenprostitution im Prater – erster Erfolg für den Tourismus“ oder „Ladies, wir haben die Deos geschrumpft!“ oder „Anschnallpflicht für Hunde“ oder „Fifi Pissecker ist nun auch für den Tierschutz ‚supernackt‘“ usw. usf. – das waren (bis auf einen) nur Fälle aus den letzten paar Tagen. Aber diese Zeit-Diebe sollen ruhig weiter schicken – das ist alles erstklassiges Material für meinen Sammelband „Das Große PR-Poesie-Album“ …

 

9. Erinnern Sie sich auch an einen Fall, wo Sie sich ganz besonders über eine PR-Agentur oder eine PR-Stelle gefreut haben?

Ich kenne – trotz obigem – gute PR-Fachleute in diesem Land, die ihren Job verstehen und mit denen eine gute, faire und saubere Zusammenarbeit möglich ist: Da ich aber hier nur einige wenige nennen könnte, um den Umfang des Interviews nicht zu sprengen, würden andere sich ungerecht behandelt fühlen. Also muss ich passen.

 

 10. Was zeichnet für Sie eine gute PR-Agentur oder einen guten PR-Berater aus?

Er muss gut informiert sein und die Medien kennen, die er kontaktiert, wissen, in welche Richtung sie arbeiten, was sie interessieren könnte. Er soll mir keine Geschichten vorkauen, denken kann ich auch. Und wenn er es dann noch schafft, mir eine Geschichte zu geben, in der es nicht von „weltweiter Marktführerschaft“, „international führende Firma“, „europäischer Marktführer mit globaler Ausrichtung“, vom „besten Service“ und „größter Innovationsdichte“ usw. wimmelt, sondern von nüchternen und vergleichbaren Daten, Zahlen, Fakten, dann ist er oder sie der oder die Größte.

 

11. Worauf sollten PR-Agenturen Ihrer Ansicht nach ihr Hauptaugenmerk in Sachen Medienarbeit legen?

Siehe Punkte 5 bis 10.

 

12. Wie würden Sie Ihre Aufgabe bei „a3 Marketing | Media | AdScience“ charakterisieren?

Trennen wir mal Arbeit und Aufgabe: Die Arbeit ist die eines jeden Chefredakteurs, vielleicht ein bisschen verschärft durch die Tatsache, dass ich ausschließlich mit Fachleuten und Spezialisten zusammenarbeite und nicht mit Journalisten – das hat damit zu tun, dass wir ein Fach-Magazin für Fach-Leute machen, denen man kein X für ein U vormachen kann. Und die Aufgabe besteht darin, diejenigen Themen aufzuspüren, die aktuell und interessant sind, und dann die dazu passenden Fachleute dazu zu bringen, ihr Wissen und ihr Know-how weiterzugeben.

 

13. Wofür steht „a3 Marketing | Media | AdScience“ in wenigen Worten und was macht es als Medium unverwechselbar?

Zunächst mal das, was wir nicht sind: Bei uns gibt es keine News und keine Info-Häppchen (das kann das Internet besser), keinen Polit-Hickhack, keinen Tratsch und keine Seiten-Blicke mit coolen Festen und geilen Adabeis (das können andere besser). Wir sind ein Wissens-Magazin – wir  bieten Know-how zu Trends & Entwicklungen in der Werbe- und Kommunikations-Branche, speziell zu Themenkreisen wie Marketing, Markenführung, Dialog- & Digital Marketing, Kommunikation, Medien, Media und Werbewirkungsforschung: Im Fokus stehen Analysen, Studien und Erhebungen; für uns schreiben prominente Autoren und Experten aus dem In- und Ausland wie Thomas Koch, Wolfgang J. Koschnick oder Robert Schützendorf.

 

14. Wenn Sie nicht Journalist wären, welchen Beruf würden Sie dann gerne ausüben?

Fotograf, speziell Reise-Fotograf. Ok, wieder Journalist.

 

 

Ad personam

Beruflicher Werdegang: Bis 1991 in Deutschland: Zunächst Technischer Redakteur, dann Lektor für Philosophiegeschichte am Akademie Verlag Berlin, danach Liedermacher und Kabarettist. Ab 1992 in Österreich: stellv. Chefredakteur „Extradienst“; dann Redakteur „Horizont“, „Intern“ und „Bestseller“, zuletzt Chefredakteur „Horizont“; ab 1997 Chefredakteur „a3BOOM!“; 2001 bis Ende 2007 Gründer, Herausgeber und Chefredakteur „medianet“; seit 2011 Chefredakteur des vormaligen „a3BOOM!“ und heutigen „a3 Marketing | Media | AdScience“.

Geburtsdatum: 6. Juni 53

Hobbys: Bücher, Reisen, Fotografie, Musik

Lieblingsort in Österreich: Die Wachau

Lieblingsort weltweit: Der Campo San Barnaba in Sestiere Dorsoduro (zum Abend-Eintrinken), die U Bein-Brücke nahe Mandalay (zum Träumen), der Wat Phra That Phanom bei Nakhon Phanom (zum Meditieren) – und in Chai Nat meine Terrasse mit dem Blick über die Reisfelder zum Tempel für alles zusammen

Lieblingsautor: Zu viele

Lieblingsgetränk: 70 Prozent Earl Grey Royal + 30 Prozent Ceylon Bitter Orange Pekoe, Rohrzucker & ein Schuss Rum

Lieblingsessen: Saltimbocca alla Romana, Tom Kha Kai und Wun Sen Gung.

Lieblingsfilm: „Stalker“ von Andrej Tarkowskij

Lieblingsschauspieler: Jean Gabin, Robert de Niro

Krebs Christian

Christian Krebs, Chefredakteur von  „a3 Marketing | Media | AdScience“, macht ein Fach-Magazin für Fach-Leute, denen man kein X für ein U vormachen kann.

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